Erhardt+Leimer feiert 100-jähriges Bestehen
20.03.2019
Von der Feinmechanik-Werkstatt zum Global Player in der Automatisierungstechnik
Die Erhardt+Leimer GmbH aus Stadtbergen feiert in diesem Jahr 100-jähriges Firmenjubiläum. Gegründet als Handwerksbetrieb in Augsburg-Pfersee im Jahre 1919 ist die Firma im Lauf der Jahrzehnte zu einem internationalen Hightech-Industrieunternehmen mit über 1.600 Mitarbeitern herangewachsen, das weltweit sehr erfolgreich eine ganz spezielle Nische in der Automatisierungstechnik besetzt: die Regelung und Inspektion aller Materialien, die in Form von laufenden Bahnen produziert und verarbeitet werden. Im Jubiläumsjahr sind unter anderem ein großer Festabend und ein „Tag der Ausbildung“ geplant.
Im Jahr 1919 gründete Manfred Erhardt einen Handwerksbetrieb, der sich zunächst dem Vertrieb und Service von Industrieuhren und Signalanlagen widmete. Sechs Jahre später trat Albert Leimer in die Firma ein; nach ihm ist heute der Platz vor dem E+L-Hauptsitz im Stadtbergener Stadtteil Leitershofen am westlichen Stadtrand von Augsburg benannt. 1935 begann E+L mit der Entwicklung und Herstellung erster feinmechanischer Apparate für die lokale Textilindustrie. Parallel zum Aufschwung der Textilunternehmen wuchs die Firma und spezialisierte sich auf Warenführungsgeräte zur automatischen Regelung des Bahnlaufs in Textilmaschinen. 1960 dann erweiterte Erhardt+Leimer den Tätigkeitsbereich auf die Papier- und Folienindustrie, später kamen die Druck-, Verpackungs-, Vliesstoff- und Reifenindustrie hinzu. In all diesen Branchen werden bahnförmige Materialien produziert oder weiterverarbeitet. Bereits 1995 führte die Firma als Pionier die Digitaltechnik und die Kameratechnik als Standard für ihre Automatisierungssysteme ein, im Jahr 2000 erfolgte der Einstieg in die Inspektionstechnologie. Heute ist die Erhardt+Leimer Gruppe ein global agierendes Unternehmen mit Tochtergesellschaften und Niederlassungen auf der ganzen Welt und einem breiten Portfolio im Bereich der Automatisierungs-, Mess- und Inspektionstechnik für die Produktion und Veredelung von bahnförmigen Materialien. Die Innovationskraft der Firma zeigt sich in der Anzahl der gehaltenen Patente: Bis zum Jahr 2018 waren es 782 nationale oder internationale Patentanmeldungen, Patente und Gebrauchsmuster.
Im Jahr 2000 wurde der Bereich der Elektroinstallationen in eine eigene Tochtergesellschaft, die Erhardt+Leimer Elektroanlagen GmbH, ausgegliedert. Diese ist heute im süddeutschen Raum einer der größten Anbieter für die Planung, Installation und Instandhaltung von elektrischer Gebäudetechnik. In der Region Augsburg ist E+L Elektroanlagen weitaus bekannter als die Stammfirma, die ihre Produkte in alle Welt liefert, aber nur wenige Kunden in der Region hat; darunter z.B. Manroland, Hosokawa Alpine, UPM und ADV.
Der Hauptabsatzmarkt des Automatisierungsgeschäfts ist Asien mit einem Umsatzanteil von über 60 %, ein weiterer bedeutender Markt sind die USA. E+L hat sich in allen wichtigen Industrieländern mit eigenen Tochtergesellschaften etabliert, 19 sind es bis dato. In Indien, China und den USA existieren auch Fertigungswerke. Die erste Auslandsniederlassung wurde bereits vor 45 Jahren in Brasilien gegründet, damals ein großes Wagnis. Die frühzeitige globale Expansionsstrategie ging auf: „Rückblickend gesehen waren diese Firmengründungen in Europa, Amerika und Asien wichtige Meilensteine für die Entwicklung des Unternehmens“, erläutert Firmenchefin Hannelore Leimer. „Damals haben wir die Basis geschaffen für unsere heutige globale Vernetzung. Ohne diese internationale Marktpräsenz wäre die E+L- Erfolgsgeschichte nicht in diesem Maße möglich gewesen.“
Familiengeführt in der 3. Generation
An der Spitze des familiengeführten Unternehmens steht neben Hannelore Leimer, Tochter des Firmenmitbegründers Albert Leimer und seit 1977 Vorsitzende der Geschäftsführung, ihr Neffe Dr. Michael Proeller als CEO. Heute überlässt sie das operative Geschäft weitgehend den Mitgliedern der Geschäftsführung, ihre große unternehmerische Erfahrung ist aber nach wie vor gefragt: „In einem Familienunternehmen ist der Übergang von einer Generation zur nächsten eine schwierige Phase“, so Hannelore Leimer. „Ich sehe mich in der Verantwortung, diesen Übergang in unserem Unternehmen konstruktiv und zukunftsorientiert mitzugestalten. Und der Generationswechsel betrifft momentan nicht nur die Geschäftsführung, sondern muss sukzessive auch im ganzen Unternehmen stattfinden. Ich sehe meine Aufgabe derzeit darin, meine langjährige Erfahrung in diesen Erneuerungsprozess einzubringen und die Neuausrichtung aktiv mitzugestalten.“
Festabend in Augsburg als Höhepunkt des Jubiläumsjahrs
Im Mai wird die Firma ihr Jubiläum in der Augsburger Kongresshalle mit einem großen Festabend feiern, zu dem neben den knapp 900 Mitarbeitern der Standorte Stadtbergen-Leitershofen und Augsburg auch Mitarbeiter aus den internationalen Tochtergesellschaften eingeladen sind. Außerdem ist am 11. Oktober am Stammsitz der Firma in Leitershofen ein „Tag der Ausbildung“ mit praxisnahem Informationsangebot für Schüler, Eltern und Lehrer geplant. Erhardt+Leimer ist seit Jahren einer der größten Ausbildungsbetriebe in der Region Augsburg. In den letzten sechs Jahren in Folge gewannen E+L-Azubis den Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks in ihrem jeweiligen Ausbildungsberuf.
Soziales Engagement
Zwei Stiftungen hat das Technologie-Unternehmen ins Leben gerufen: Die Albert-Leimer-Stiftung wurde 1986 von Bertha Leimer gegründet. Zweck der Stiftung ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung im technischen, naturwissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Bereich. Sie vergibt unter anderem Hochschulpreise und zwei kontinuierliche Unternehmensstipendien an Projekte und einzelne Studierende der Universität und der Hochschule Augsburg.
Die ELCARE-Stiftung verfolgt den Zweck, in Not geratene Erhardt+Leimer-Mitarbeiter an allen in- und ausländischen Standorten der Unternehmensgruppe unbürokratisch finanziell zu unterstützen, wenn anderweitige Hilfe nicht, nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig geleistet werden kann.
Zukunftsmärkte Elektromobilität, Digitalisierung und Smart Home
Elektromobilität erfordert keinen Kraftstoff, sondern Batteriezellen. Auch die in Batterien enthaltenen Separatorfolien werden in bahnförmigem Zustand verarbeitet und laminiert, so dass auch in diesem wichtigen Zukunftsmarkt Technologien von E+L zum Einsatz kommen. Auch gedruckte Elektronik, z.B. für Touch-Displays und Solarzellen, wird bei der Produktion automatisch mit Hilfe von E+L-Regelungstechnik positioniert, wobei höchste Anforderungen an die Genauigkeit bestehen. Entsprechend wichtig ist es für die Firma, ihre Produkte und Systeme für diese neuen Anforderungen fit zu machen. Ein wichtiges Zukunftsthema ist auch die Digitalisierung der Produktion im Hinblick auf Industrie 4.0, für die sich E+L gut gerüstet sieht. „Alle aktuellen E+L-Komponenten sind ‘I 4.0-ready‘, d.h. geeignet für die Einbindung in Produktionsanlagen der neuesten Generation“, erklärt CEO Dr. Michael Proeller. „Jede der in hohen Stückzahlen gefertigten E+L Komponenten, seien es Sensoren oder hochpräzise Linearantriebe, sind durchgängig aktiv und passiv vernetzbar. Die E+L Technologie fügt sich daher passgenau in die Fertigungs- und/oder ERP-Systeme unserer Kunden ein, um eine vernetzte und damit dokumentierte und automatisierte Fertigung zu ermöglichen.“
Im Bereich der Sparte Elektroanlagen stellt sich die Firma für zukünftige Anforderungen in den Bereichen „Smart Home“ und „Smart Grid“ auf. Unter „Smart Home“ versteht man die Vernetzung aller in Privat- und Industriegebäuden verwendeten elektrischen Komponenten, z.B. Lichtquellen, Brandschutz- und Alarmanlagen. „Smart Grids“ sind intelligente Stromnetze, die nicht nur elektrische Energie, sondern auch Daten transportieren, um Energieerzeugung, -speicherung und -verbrauch aufeinander abzustimmen.
„Ein Unternehmen muss sich spätestens alle zehn Jahre häuten, also Bestehendes kritisch hinterfragen und notwendige Veränderungen einleiten, um mit seiner Technologie am Ball zu bleiben und auf dem Markt zu bestehen“, so Firmenchefin Hannelore Leimer. „Ich bin stolz, dass es uns gelungen ist, trotz der vielen wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen das Unternehmen sicher und stabil durch die zurückliegenden 100 Jahre zu führen und dabei stets auf die aktuellen Technologie- und Marktveränderungen auszurichten.“